Kaffeeanbau in Ruanda: Ein Paradies für Spezialitätenkaffee

Kaffeeanbau in Ruanda: Ein Paradies für Spezialitätenkaffee

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Kaffee aus Ruanda: Ein Muss für Freunde von Spezialitätenkaffee

Ruanda produziert zwar nur 0,16 Prozent des globalen Kaffees (Afrika im Ganzen überhaupt nur 10 Prozent), steht dabei aber durch die Fokussierung auf Spezialitätenkaffee für eine hohe Qualität. Auf einer Fläche von 43.000 Hektar werden jährlich rund 20.000 Tonnen Rohkaffee produziert.

Kaffeeproduktion in Ruanda 1990-2016
Kaffeeproduktion in Ruanda 1990-2016. Quelle: International Coffee Organization

Das poetisch auch häufig als „Land der tausend Hügel“ bezeichnete Ruanda ist ungefähr so groß wie Brandenburg und zeichnet sich im Gegensatz zum flachen Berliner Umland durch eine Hochlandstruktur aus. Die Höhe von bis knapp über 2.000 Meter und ein mildes, feuchtes Klima bieten hervorragende Bedingungen für die Kaffeeproduktion: Hier können die Kaffeekirschen unter Schattenbäumen und in Mischkultur mit z.B. Bananen langsam reifen und überzeugen durch ein reiches Aroma. Die Produktivität liegt mit 450 kg/ha im afrikanischen Mittelmaß. Die Hauptanbaugebiete befinden sich im westlichen Teil des Landes am Kivu-See in einer Höhe von 1.600 bis 2.000 Metern. Angebaut wird zu 99 Prozent Arabica-Kaffee in der Sorte Red Bourbon.

Kaffeeanbaugebiete in Ruanda
Kaffeeanbaugebiete in Ruanda [Quelle: Global Coffee Platform: African Coffee Sector: Addressing National Investment Agends on a Continental Scale. Rwanda Case Study]

Dass Ruanda in erster Linie hochwertigen Spezialitätenkaffee produziert, ist nicht zuletzt dem PEARL-Projekt zu verdanken. Dieses bildet seit 2000 im Rahmen einer Kooperation zwischen der United States Agency for International Development (USAID) und dem ruandischen Bildungsministerium Studenten in den Bereichen Agrarwissenschaften, Cupping und Qualitätsmanagement aus. Anlass war ein Fachkräftemangel in diesen Gebieten in Folge des Genozids 1994. Im Rahmen des Projekts wurden zudem erstmals Nassaufbereitungsanlagen zur Weiterverarbeitung der rohen Kaffeebohnen gebaut, womit eine höhere Qualität angeboten werden kann. Nass aufbereiteter Kaffee (fully washed) ist deutlich profitabler als trocken oder halbtrocken aufbereiteter (semi washed). Der Anteil nass aufbereiteten Kaffees liegt heute bei rund 45 Prozent und soll um 15 Prozent gesteigert werden, um den Produzenten ein höheres Einkommen zu sichern. Derzeit gibt es rund 225 Nassaufbereitungsanlagen, in denen der Kaffee entpulpt, gewaschen, fermentiert, verlesen und sonnengetrocknet wird.

Kaffee Sonnentrocknung
In der Nassaufbereitungsanlage (hier die African dry beds, auf denen die Bohnen nach der Waschung zum Trocknen ausgelegt werden) der Musasa Dukundekawa Kooperative sind in der Hochsaison knapp 230 Mitarbeiter beschäftigt, davon 94 % Frauen.

In diesen Anlagen wird zu 75 Prozent nass aufbereiteter Kaffee produziert. Die restlichen 25 Prozent sind halbtrocken aufbereitet und werden als „normaler“ Kaffee vor allem in die Schweiz exportiert. Der hochwertige fully-washed Kaffee wird hingegen als Spezialitätenkaffee in die USA, nach Japan, Südkorea, Deutschland, Großbritannien und Skandinavien exportiert. 11 Prozent des ruandischen Kaffees gehen derzeit nach Deutschland.

In Ruanda selbst wird übrigens noch wenig Kaffee konsumiert. Das soll sich allerdings ändern. Die ruandische Regierung investiert in die Kaffee-Infrastruktur, um den inländischen Konsum anzuregen. So werden beispielsweise Röstereien gefördert, um Kaffee für den lokalen Markt zu rösten.

Tatsächlich wird heute zwar weniger, dafür aber umso hochwertiger Kaffee produziert als vor dem Genozid. Auch die Gründung von Kooperativen wird von PEARL aktiv unterstützt, um Kaffeebäuerinnen und -bauern eine umfassendere Teilhabe am Produktionsprozess zu sichern. Dass diese Strategie in Richtung auf eine qualitativ hochwertige Kaffeeproduktion aufging, beweist die Tatsache, dass Ruanda das erste afrikanische Land war, das seit 2008 einen jährlichen, nationalen Cup of Excellence-Wettbewerb ausrichtet. Dabei kürt eine internationale Jury die besten Spezialitätenkaffees, die anschließend weltweit versteigert werden.

Mit Kaffeeanbau der Armut entfliehen? In Ruanda kaum möglich

In ganz Ruanda gibt es rund 400.000 Kaffeebäuerinnen und -bauern. 20 Prozent von diesen sind in Kooperativen organisiert, doch der Marktanteil der Kooperativen liegt bei nur 6 Prozent. Die Produktionskosten im Kaffeesektor sind niedrig. Die Anbaugebiete sind sehr klein, durchschnittlich 0,08 Hektar. Das liegt daran, dass Ruanda mit 370 Personen pro Quadratmeter die höchste Bevölkerungsdichte in ganz Afrika hat. 87 Prozent der Bevölkerung lebt auf dem Land und nutzt die Anbaufläche zur Produktion von Nahrungsmitteln zum eigenen Verbrauch. Da bleibt einfach nicht viel Platz für Kaffee. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ländereien im Erbfall zwischen den Geschwistern aufgeteilt und somit immer kleiner werden. Tatsächlich gibt es in Ruanda lediglich kleine Ländereien mit weniger als 0,5 Hektar und einige wenige größere bis zu 3 Hektar. Großflächige Anbaugebiete gibt es de facto nicht.

Da die Anbaugebiete so klein sind, ist es für die Kaffeebäuerinnen und -bauern schwierig, sich von Kaffee allein aus der Armut zu lösen – zumindest nicht im Rahmen der bisherigen Strukturen. Kaffeeanbau kann das Einkommen der Bäuerinnen und Bauern um das 1,8fache erhöhen, zur Überwindung der Armutsgrenze ist jedoch eine Erhöhung um das 5,6fache nötig. Das geht nur im Rahmen einer umfangreichen Empowerment-Initiative, bei der die Kaffeebäuerinnen und -bauern zu UnternehmerInnen ausgebildet werden. Nun können natürlich nicht alle 400.000 Kaffeebauern Ruandas zu Unternehmern werden, insofern sei auf die wichtige Rolle der Kooperativen hingewiesen, die den Produzenten mehr Teilhabe zusichern und weitere Einkommensmöglichkeiten, beispielsweise im Handwerk, bieten. Die Kaffeebäuerinnen der Musasa Dukundekawa Kaffeekooperative verdienen sich beispielsweise mit Korbflechterei ein Zubrot und der Einstieg in die Kooperative ermöglicht es ihnen, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu sichern.

Odette fertigt Körbe
Odette aus der Musasa Dukundekawa-Kooperative fertigt nebenbei Körbe

Fairtrade-Kaffee in Ruanda und der neue Fairchain-Prozess

Der Anteil von Fairtrade zertifiziertem Kaffee ist in Ruanda mit 30 Prozent außergewöhnlich hoch. Das liegt vor allem an der Nachfrage der internationalen Importeure. 66 Prozent der Exportmärkte haben ein hohes Interesse an fair gehandeltem Kaffee, namentlich die USA, Großbritannien, die Schweiz, Deutschland und die Niederlande. Die Produzenten erhalten für den zertifizierten Kaffee zwar einen Aufpreis, doch die kleinen Mengen pro Kaffeebauer verhindern einen nachhaltigen positiven Impact. Umso wichtiger ist der Aufbau nachhaltiger Strukturen gemäß des Fairchain-Prinzips. Dabei werden die Kaffeeproduzenten dazu befähigt, den Kaffee als komplettes Produkt umzusetzen, d.h. die komplette Produktion des Kaffees und die Markenrechte liegen in den Händen der Produzent*innen.

Üblicherweise finden diese Schritte erst im Exportland statt, mit einem Verlust von bis zu 35 Prozent in der Wertschöpfung im Anbauland. Dies verhindert eine wirkliche, nachhaltige Verbesserung der Lebenssituation der Erzeuger. Um einen echten Wandel durch Handel zu erzeugen kaufen wir von den Kaffeebäuerinnen und -bauern das fertige Endprodukt. Dies erhöht nicht nur das Einkommen der Kaffeebäuerinnen und -bauern, sondern führt auch zu einem echten wirtschaftlichen Aufschwung, da dauerhaft Arbeitsplätze geschaffen werden und branchenrelevantes Know-how im Erzeugerland gebündelt wird, das die Wirtschaftskreisläufe dort nachhaltig stärkt.

Herausforderungen im ruandischen Kaffeeanbau & Lösungsansätze

Seit 2000 ist die ruandische Kaffeeproduktion pro Jahr um 0,86 Prozent zurückgegangen. Grund sind die niedrigen Kaffeepreise, aufgrund derer anderen Anbaupflanzen mehr Priorität zugewiesen wird. Die Produktivität ließe sich nach Expertenmeinungen mit folgenden Maßnahmen um 86 Prozent steigern:

  • Weiterbildung der Kaffeebäuerinnen und -bauern,
  • Verjüngung der Anbaugebiete sowie eine
  • verbesserte Sortenauslese.

Viele der ruandischen Kaffeesträucher sind alt und wenig ertragreich. Neue, widerstandsfähige Kaffeesträucher müssten gepflanzt werden, die jedoch erst nach drei Jahren Erträge abwerfen. Insofern bräuchten die Kaffeebäuerinnen und -bauern Kredite oder andere Formen der Unterstützung, um diesen Zeitraum zu überbrücken. Das Problem wurde von den ruandischen Behörden erkannt und wird derzeit diskutiert. Da Kaffee eines der wichtigsten Exportgüter des Landes ist, sind praktikable Lösungsansätze durchaus zu erwarten.

In Sachen Weiterbildung hat die Nichtregierungsorganisation Sustainable Harvest Rwanda ein dreijähriges Projekt eingeleitet, das sich explizit an Frauen richtet. Mehr als 3.000 Frauen in drei Bezirken Ruandas werden hinsichtlich der Pflege ihrer Anbauflächen weitergebildet. Dabei wird ihnen Wissen über die gesamte Produktionskette von der Anpflanzung bis zum letztlichen Kaffeekonsum vermittelt. Das soll die Erträge und die Qualität des Kaffees steigern und auch die Lebensbedingungen der Frauen verbessern. In den vergangenen zweieinhalb Jahren führte Sustainable Harvest Rwanda ein solches Projekt bereits in zwei anderen Bezirken Ruandas durch. Dabei zeigte sich: Die Kaffeebäuerinnen erhöhten ihre Erträge, bauten Kontakte zu internationalen Käufern auf und einige der Frauen errichteten sogar eigene Nassaufbereitungsanlagen.

Im vergangenen Jahr stieg die Kaffeeproduktion in Ruanda leicht an: von 21.801.913 kg im Jahr 2015 auf 22.008.931 kg. Als Grund nennt das National Agriculture Export Board (NAEB) neben klimatisch guten Bedingungen (starke Regenfälle) auch moderne Anbaumethoden, die sich bei den Kaffeebäuerinnen und -bauern zunehmend durchsetzen. Die Produktionskapazität stieg um 0,4 Prozent. Trotz einer erhöhten Produktion sank der Umsatz mit Kaffee-Exporten um rund 5,72 Prozent von circa 62 Mio. US-Dollar 2015 auf nun rund 58 Mio. US-Dollar. Eine Ursache dafür ist der Preisverfall von 3,24 US-Dollar/kg 2015 auf nun 2,97 US-Dollar/kg. Die NAEB entwickelte unterdessen einen Fünf-Jahres-Plan zur Exportsteigerung im Kaffeesektor. Dabei wird ein Jahreswachstum von 29 Prozent angestrebt. Erreicht werden soll dies durch weitere Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität und zusätzlicher Wertschöpfung in der Produktionskette, von der auch die Erzeuger profitieren. So soll die Ertragskraft eines Kaffeestrauchs von 2,4 kg im Jahr 2013 auf 3,1 kg 2018 erhöht werden. Darüber hinaus will die Behörde 3.000 zusätzliche Hektar Anbaufläche bereitstellen. Die Produktion von fully-washed Kaffee soll überdies auf 71 Prozent gesteigert werden. Es bleibt also spannend, wie sich der Kaffeemarkt in Ruanda entwickeln wird. Wir unterstützen unsere Partnerkooperative dabei, Kaffee für alle an der Produktion Beteiligten auch wirklich gewinnbringend herzustellen. Unser Motto lautet: #TradeNotAid – Unterstützen Sie uns und damit die Kaffeebäuerinnen und Bauern in Ruanda!

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