Frauen im Kaffeesektor

Frauen im Kaffeesektor

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Some women think coffee is only for men, but if you start your own coffee business you can earn even more than your husband. Maybe it is not possible for every woman to start her own coffee business. I suggest to create a cooperative, and to decide to contribute some money for other women to build their business, one after another will be able to start her own business… until everyone has one.

Valerie, Rambagira Kawa

Die Benachteiligung von Frauen im Kaffeesektor

Nicht erst seit den Sustainable Development Goals setzt die UN auf die verstärkte Förderung von Frauen im Globalen Süden.

Warum?

Frauen leben häufiger in Haushalten unterhalb der Armutsgrenze als Männer (14,1 % für Frauen und 13,1 % für Männer, wobei die Armutsgrenze des Medianeinkommens von 50 % verwendet wird). Gerade im Globalen Süden sind Frauen von starken Benachteiligungen bezüglich Einkommen und Eigentumsrechten betroffen. Auch der Kaffeesektor ist von einem großen Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern geprägt: Während bis zu 70 Prozent der Feldarbeit von Frauen übernommen wird, gelangen nur 15 Prozent des Landes und der gehandelten Bohnen in ihren Besitz. Frauen betreiben nur zwischen 20 und 30 Prozent der Kaffeefarmen. Damit sind etwa 5 Millionen der geschätzten 25 Millionen Kaffeeproduzent*innen weltweit Frauen.

In der Wertschöpfungskette von Kaffee wird insbesondere die Feldarbeit sowie die anschließende Ernte und das Sortieren der Bohnen von Frauen übernommen. Männer hingegen übernehmen insbesondere den Verkauf und den Transport des Kaffees.

Kaffee Kooperative frauen kaffeeeernte musasa
Frauen bei der Ernte der Kaffeekirschen in Musasa

Eine Studie der Specialty Coffee Association of America (SCAA) weist diesbezüglich auf vier Dimensionen der strukturellen Benachteiligung von Frauen im Kaffeesektor hin.

1. Arbeitszeit und Arbeitsteilung

Neben ungleicher Aufgabenverteilung zwischen körperlicher Feldarbeit (Frauen) und Verkauf der Bohnen (Männer), hat die SCAA auch ein Ungleichgewicht bei der Arbeitszeit festgestellt. Im Durchschnitt kommen Männer auf einen etwa achtstündigen Arbeitstag, wohingegen Frauen durchschnittlich 15 Stunden arbeiten, da sie noch Pflege-, Betreuungs- und Haushaltsaufgaben übernehmen.   

Der Arbeitsalltag der Frauen in unseren ruandischen Partnerkooperativen ist lang: Von 6 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags sind sie auf dem Feld und nach ein bis zwei Stunden Mittagspause noch einmal drei Stunden. Dazu kommt die Pflege der Kinder und des Haushalts.

2. Einkommen

Aus den verschieden Aufgaben in der Wertschöpfungskette ergibt sich, dass primär Männer den Zugang zu den Erlösen aus dem Verkauf haben. Frauen hingegen werden oft nicht oder wesentlich schlechter bezahlt, obgleich von ihnen erwartet wird, im Feld mitzuarbeiten. Der Gender Gap beim Einkommen lag laut SCAA in 2014 durchschnittlich bei 39 Prozent. Einige Frauen verkaufen ihren Kaffee deshalb heimlich weiter, um sich selbst etwas hinzuzuverdienen. Diese Frauen laufen nicht selten Gefahr, Opfer häuslicher Gewalt zu werden. Eine Studie von Meemken, Veettil und Qaim (2017) zeigt, dass 39 Prozent der männlichen Haushaltsvorstände in Uganda ein persönliches Sparkonto besitzen, verglichen mit nur 26 Prozent ihrer Partnerinnen und 24 Prozent der weiblichen Haushaltsvorstände.

Diese eklatanten Missstände waren eine der vielen Motivationen einen Kaffee aus Frauenhand auf den Markt zu bringen. Mit unserem Handelsmodell, das die Wertschöpfung im Produktionsprozess in die Hände der Produzentinnen legt, verdienen die Frauen hinter Angelique’s Finest 55 Prozent mehr als im üblichen Handelsmodell.

3. Besitz

Frauen im Globalen Süden besitzen 25 Prozent weniger Land als Männer. Und das obwohl ihre Arbeit zwischen 20 und 50 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeit umfasst. Besonders benachteiligt sind Witwen, da in einigen Ländern das Erbe an die Familie des Mannes geht und so die verwitwete Frau nicht abgesichert ist. Auch der zum Erwerb von Land notwendige Zugang zu Krediten und Finanzierungsmöglichkeiten ist für Frauen erschwert.

Falls Frauen dennoch Land erwerben, kann es vorkommen, dass das Land, welches ihnen zugeteilt wird, schlechter zu bewirtschaften oder weniger ertragreich ist, als das der Männer. Das liegt beispielsweise daran, dass das Durchschnittsalter der Kaffeebäume auf den von Frauen bewirtschafteten Parzellen um mehr als 8 Prozent höher ist, was unter anderem geschlechtsspezifische Unterschiede beim Zugang zu Finanzierungen für die Renovierung und Rehabilitation von Kaffeeplantagen widerspiegelt.

4. Macht und Mitbestimmungsrecht

Ferner sind Frauen seltener an Entscheidungsprozessen beteiligt. Da häufig Männer die offiziellen Kooperative-Mitglieder sind und entsprechende Beiträge zahlen, wird den Frauen der Zugang zu Versammlungen und Weiterbildungsmaßnahmen verwehrt. So sind auch in Fairtrade zertifizierten Kooperativen nur 25 Prozent der Mitglieder Frauen (Quelle: Fairtrade Monitoring Report 2016). Dies führt zu weiteren Nachteilen, da so wichtige Informationen zu Anbaumethoden etc. nicht (immer) bei ihnen ankommen. Umfragedaten aus einer Kaffeeanbauregion in Uganda, die zwischen männlichen Bauern und ihren Partnern einerseits und weiblichen Bauern andererseits unterscheidet, weisen auf ein signifikantes Geschlechtergefälle hin.

Kaffee Kooperative Female farmer training

Auch sind Frauen bezüglich der Übernahme von Führungsrollen häufig verunsichert. In vielen Bereichen fehlt es an geeigneten weiblichen Vorbildern, die traditionelle Rollenverständnisse durchbrechen.

Welche Vorteile ergeben sich aus der spezifischen Förderung von Frauen im Kaffeesektor?

Neben einer allgemein wünschenswerten Gleichberechtigung von Frauen im Kaffeesektor zeigt die Förderung von Frauen, bzw. Gender Equality, nachweislich positive Effekte auf Bildung, Gesundheit, Ernährung und allgemeines Wohlergehen der betroffenen Familien. So wirkt sich ein ggf. zusätzliches Einkommen der Frau positiv auf die Familienfinanzen aus und bietet größere finanzielle Flexibilität. Wichtig ist hierbei besonders, traditionelle Werte zu beachten und nicht das Familiengleichgewicht zu zerstören.

Ohnehin wird Studien zufolge 90 Prozent des von Frauen erzielten Einkommens für Familienbedürfnisse ausgegeben, Männer stellen nur 40 Prozent ihres Einkommens bereit. Wenn Frauen das Haushaltseinkommen kontrollieren, werden die finanziellen Ressourcen stärker auf Nahrung, Bildung und Gesundheit verteilt. Davon profitieren nicht nur Frauen, sondern alle Haushaltsmitglieder und dies wirkt sich positiv auf das Erreichen der Sustainable Development Goals aus, insbesondere auf SDG 2 (Bekämpfung von Hunger), SDG 3 (Gesundheit) und SDG 4 (Bildung) (Quelle: International Coffee Organization “The Value of Coffee. Sustainability, Inclusiveness, and Resilience of the Coffee Global Value Chain”, 2020).

Außerdem kann nachweislich die Qualität des Kaffees erhöht werden, wenn Frauen an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Laut Zahlen des Coffee-Institutes sollen durch eine solche Beteiligung von Frauen 20-30 Prozent mehr Felderträge erzielbar und so der Welthunger statistisch bis zu 17 Prozent senkbar sein.

Frauen stärken in unseren Partnerkooperativen

In unseren Partnerkooperativen in Ruanda schließen sich Frauen in Gruppen zusammen, um gemeinsam Kaffee für Angelique’s Finest zu produzieren, aber auch um sich auszutauschen und um voneinander zu lernen. Regelmäßig treffen sich beispielsweise die Frauen von Rambagira Kawa, um gemeinsam Korbflechtereien herzustellen und sich gegenseitig zu beraten und bei Problemen weiterzuhelfen. Diese Tätigkeit stellt für die Frauen eine weitere Einnahmequelle dar, ist für einige allerdings auch eine Art Rentenplan, falls sie die harte Arbeit auf dem Feld im Alter nicht mehr übernehmen können. Außerdem nutzen die Frauen die Gelegenheit des gemeinsamen Flechtens, um sich persönlich, mental sowie in ihren Fertigkeiten weiterzuentwickeln und dazu zu lernen.

Rambagira Kawa

Rambagira Kawa ist über das Rwanda Chapter in der IWCA (International Women‘s Coffee Alliance) organisiert. Das IWCA Rwanda Chapter wird wiederum von Angelique Karekezi geleitet, die gleichzeitig die Chefin der Kooperative-eigenen Rösterei und Vertriebsgesellschaft ist und die erste Ansprechpartnerin für alle Belange der Kaffee-Kooperative.de.

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