Wertschöpfung vor Ort: Mit Kaffeerösten der Armut entfliehen

Wertschöpfung vor Ort: Mit Kaffeerösten der Armut entfliehen

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„Fairchain has a potential for effective change“, so lautet das Fazit von Isabella Kropholler in ihrer Studie „ Fairchain: New Perspectives on Fair Trade. An Elaborated Overview of the Global Coffee Market“ (2016). Warum? Weil durch eine erhöhte Wertschöpfung Menschen und Länder im bislang weitestgehend benachteiligten globalen Süden befähigt werden, sich nachhaltig aus der Armut zu befreien. Damit stellt Fairchain eine echte Alternative zu Entwicklungshilfe und Spenden dar, die Abhängigkeiten schüren und stets nur kurzfristig helfen. Bei Fairchain geht es um Empowerment auf wirtschaftlicher Ebene. Das Motto dabei lautet: Trade Not Aid.

Kaffee als Rohstoff befreit nicht aus der Armut

Kaffee wird in den Ländern rund um den Äquator angebaut, im so genannten Kaffeegürtel. Kaffee ist in diesen Ländern das wichtigste Exportprodukt und macht mehr als die Hälfte der Exporte aus. Von diesen Kaffee-produzierenden Ländern sind 90 Prozent von Entwicklungshilfe und internationalen Spenden abhängig!!! Nachhaltiger wäre nicht nur eine höhere Entlohnung der Kaffeebauern, sondern insbesondere der Aufbau wirtschaftlicher Strukturen zur Weiterverarbeitung lokaler Produkte, d.h. im Falle von Kaffee durch eine erhöhte Wertschöpfung durch Rösten und Verpacken. Nur so kann Armut dauerhaft überwunden werden. Der Verkauf unverarbeiteter Produkte habe nämlich keinen nennenswerten wirtschaftlichen Impact für ein Land, so Kropholler.

Um das Ungleichgewicht in der Wertschöpfungskette auszugleichen, entstanden im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte alternative Handelsmodelle wie Fairtrade oder Direkthandel. Diese haben sich das Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen der Produzent*innen zu verbessern. Dazu werden diese beispielsweise geschult, um eine höhere Qualität oder auch nachhaltige Produkte zu erzeugen. Auch der Zugang zu den Märkten und zu Finanzmitteln spielt hier eine wichtige Rolle.

Der Kaffeegürtel. Bildquelle: http://knowyourgrinder.com/wp-content/uploads/2015/01/coffee-bean-growing-belt.png

Im Großen und Ganzen ist die Kaffeeindustrie gekennzeichnet durch Überangebot, niedrige Preise, niedrige Einkommen, unzureichende Investitionen und geringe Produktivität der Erzeuger*innen. Die drei wichtigsten handelsbezogenen SDG-Ziele zielen darauf ab, ein multilaterales Handelssystem im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) (Ziel 17.10) zu fördern, die Exporte der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder (Ziel 17.11) deutlich zu steigern und einen dauerhaft zoll- und quotenfreien Marktzugang für alle am wenigsten entwickelten Länder (Ziel 17.12) (UN, 2020) zu etablieren. Die besondere Aufmerksamkeit, die die UN den Entwicklungsländern in dieser Hinsicht schenkt, macht deutlich, dass diese Länder bei ihrer Integration in den internationalen Handel noch stark zurückliegen und damit weiter davon entfernt sind, vom Handel für ihre Entwicklung zu profitieren.

Zusätzliche Branchengewinne können durch die Steigerung der Wertschöpfung erzielt werden, wodurch die Investitionen erhöht und die Produktivität gesteigert werden.

Verarbeitung vor Ort als Chance für den wirtschaftlichen Aufschwung durch Wertschöpfung

Wir von Kaffee-Kooperative.de haben es uns zum Ziel gesetzt, die Kaffee-Wertschöpfungskette zwischen dem globalen Süden und dem globalen Norden mittels Fairchain fair zu gestalten, um dieses frappierende Ungleichgewicht auszugleichen. Fairchain ermutigt Rohstofflieferanten im globalen Süden dazu, ihre Rohstoffe vor Ort in Endprodukte zu verarbeiten. So erhöht sich die Wertschöpfung in den Ursprungsländern signifikant, da verarbeitende Industrien und Know-how aufgebaut werden, die den Impuls für einen ökonomischen Aufschwung geben können. Im Kaffeeanbau werden die Bäuerinnen und Bauern beispielsweise dazu ermutigt, neue Technologien und Techniken einzusetzen (Einsatz resistenter Sorten, Bau von Waschanlagen oder Röstereien), ihren Kaffee besser zu vermarkten (Single Origin, Bio, Kaffee aus Frauenhand) oder Zertifizierungen (Bio, Fairtrade) einzuholen.

Die Studie “Fostering the Development of the Coffee Global Value Chain” des Kiel Instituts für Weltwirtschaft bestätig diesen Ansatz, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass zusätzliche Branchengewinne durch die Steigerung der Wertschöpfung erzielt werden können, wodurch die Investitionen erhöht und die Produktivität gesteigert werden. Auch vertragliche Vereinbarungen zwischen Käufern und Verkäufern können dazu beitragen, kurzfristige Produktions- und Nachfrageschocks, die mit Schwankungen auf den Rohstoffmärkten einhergehen, zu umgehen (oder ganz zu vermeiden). Im Extremfall können diese vertraglichen Vereinbarungen die Form einer vertikalen Integration haben, bei der die Produktion vollständig im eigenen Haus durchgeführt wird, wie es unsere Partner*innen von RWASHOSCCO in Ruanda bereits praktizieren.

Auf Länderebene kann ein höherer Anteil der Einnahmen aus der gesamten Kaffeeproduktion von den Interessengruppen (Bäuer*innen und Verarbeiter*innen) innerhalb des Kaffee produzierenden Landes verwendet werden. Dies geschieht, wenn eine Integration zwischen inländischen Erzeuger*innen und inländischen (oder ausländischen) Verarbeite*innen innerhalb des Kaffeeanbaulandes stattfindet. Erzeuger*in und Verarbeiter*in innerhalb derselben „Nachbarschaft“, die nur durch eine kurze Entfernung getrennt sind, tauschen sich eher aus und arbeiten stärker an der Optimierung der Produktion.

Mehr Wertschöpfung durch Rösten und Vermarkten in Eigenregie

Üblicherweise verbleiben im Kaffeehandel lediglich 15 Prozent der Wertschöpfung im Erzeugerland. Fairchain strebt einen fairen Anteil von 50 Prozent an. Aktuell liegen wir von Kaffee-Kooperative.de bei 48 Prozent. Dabei liegen Verarbeitungsschritte wie Rösten und Marketing in der Verantwortung der Kaffeebäuerinnen und -bauern. In der Kaffeewertschöpfungskette stellen das Rösten und die Marke nämlich den profitabelsten Bereich dar. Schätzungen zufolge machten das Rösten, die Vermarktung und der Verkauf von Kaffee 2009 mehr als 31 Mrd. $ des Bruttoinlandsprodukts der neun größten Kaffee importierenden Länder aus, das ist fast doppelt so hoch wie die gesamten Exporteinnahmen aller Kaffee produzierenden Länder. Durch den Aufbau von Röstereien (oder wie im Falle von Angelique’s Finest die eigenverantwortliche Beauftragung externer Dienstleister) und der entsprechenden Schulung des Personals in den Kaffee-Anbauländern werden die Produzenten befähigt, zu fairen Anteilen an der Wertschöpfung zu partizipieren. So werden wirtschaftliche Entwicklungen angestoßen, die sich positiv auf den Arbeitsmarkt und den Wissenstransfer auswirken. Und dann geht’s hoffentlich nach oben für bislang benachteiligte Länder im globalen Wirtschaftssystem. Lets do it!

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