Wir bei Kaffeekoop verstehen uns als Sozialunternehmen, auch bekannt unter dem englischen Begriff Social Business. Wir wollen wirtschaftliches Handeln mit sozialer Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit verbinden. Mit unseren Kooperationspartner*innen agieren wir auf Augenhöhe.
Was steckt hinter dem Begriff Sozialunternehmen?
Mit dem Konzept des Sozialunternehmens befasste sich die Europäische Kommission bereits 2011 in ihrer „Initiative für soziales Unternehmertum“.
Unter „Sozialunternehmen“ versteht die Kommission Unternehmen,
- für die das soziale oder gesellschaftliche gemeinnützige Ziel Sinn und Zweck ihrer Geschäftstätigkeit darstellt,
- deren Gewinne größtenteils reinvestiert werden, um das Ziel zu erreichen und
- deren Organisationsstruktur oder Eigentumsverhältnisse dieses Ziel widerspiegeln, da sie auf Prinzipien der Mitbestimmung oder Mitarbeiterbeteiligung basieren oder auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet sind.
Das Konzept des Social Business geht auf Muhammad Yunus zurück, einen bengalischen Wirtschaftswissenschaftler und Friedensnobelpreisträger. Yunus bezeichnet die Struktur des Kapitalismus als unvollständig und entwickelte auf Grundlage dieser Annahme das Konzept der Sozialunternehmen. Ziel dieser Unternehmen ist nicht primär die Gewinnmaximierung, sondern die Lösung sozialer und ökologischer Probleme. Neben wirtschaftlicher Wertschöpfung soll ein gesellschaftlicher Mehrwert erzeugt werden. Vom Unternehmen generierte Gewinne sollen in dieses reinvestiert werden. Das Konzept des Sozialunternehmens greift nicht den Kapitalismus in seinen Grundfesten an, sondern kritisiert dessen Ausführung.
Trotzdem bleibt ein Social Business ein Unternehmen und muss eindeutig von NGOs, Stiftungen, Vereinen, zivilgesellschaftlichen Initiativen und temporären Projekten abgegrenzt werden. Sozialunternehmen agieren wie gewöhnliche Firmen auch nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien, allerdings immer im Hinblick auf die Umsetzung sozialer oder umweltrelevanter Ziele.
Abzugrenzen ist der Begriff von der Corporate Social Responsibility (CSR). Diese bezeichnet die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Das Konzept adressiert herkömmliche Unternehmen, die sich nicht vorrangig der Bekämpfung sozialer Missstände verschrieben haben. Unternehmen sollen sich den Auswirkungen ihres Handelns auf Mensch und Umwelt bewusst werden und ggf. Maßnahmen ergreifen, um negativen Folgen entgegenzuwirken.
CSR basiert nicht nur auf dem guten Willen von Unternehmen. Seit 2017 sind deutsche Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeiter*innen dazu verpflichtet, einen jährlichen Bericht anzufertigen, in dem die Bemühungen zur Einhaltung von Menschenrechten, sozialer und ökologischer Belange dokumentiert werden.
Sozialunternehmen können sich aus unterschiedlichen Ursprüngen entwickeln. Sie können aus der Arbeit von NGOs oder Stiftungen entstehen, wenn einzelne Projekte sich als wirtschaftlich rentabel erweisen und diese dann als eigene kleine Unternehmen etabliert werden. Sie können sich auch aus bereits bestehenden herkömmlichen Unternehmen entwickeln. Das kann z. B. in Form von Projekten im Rahmen der CSR geschehen. Kaffeekoop wurde hingegen von vornherein als Social Business gegründet. Werden Unternehmen mit dem Ziel des sozialen Handelns gegründet, spricht man von Social Entrepreneurship.
Ein Sozialunternehmen ist im deutschen Recht keine eigene Rechtsform, weswegen es dafür keine Legaldefinition gibt. Sozialunternehmen können ganz unterschiedliche Organisationsformen haben. Die am häufigsten verwendete Rechtsform ist die GmbH. Infolge dieses Mangels gibt es keine validen Zahlen, wie viele Social Businesses es in Deutschland gibt. Die Angaben reichen je nach Definition von 1.700 bis zu 77.000. Rund 450 deutsche Sozialunternehmen haben sich im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) organisiert. Unternehmen, die dem Netzwerk beitreten wollen, müssen als primäres Unternehmensziel die Lösung gesellschaftlicher, sozialer oder ökologischer Herausforderungen mit unternehmerischen Mitteln und neuen, innovativen Ansätzen verfolgen. Darüber hinaus muss es steuernde und kontrollierende Mechanismen haben, die die Umsetzung der Ziele intern und extern überwachen. Als Maßstab zur Lösung gesellschaftlicher Probleme werden die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen herangezogen.
Die Sustainable Development Goals als Grundlage unternehmerischen Handelns
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung bzw. die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs) sind politische Ziele, die sich die UN in Bezug auf soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit gesetzt haben. Sie traten im Januar 2016 als Nachfolge der Milleniumsziele in Kraft. Mit einer Laufzeit von 15 Jahren sollen die Ziele 2030 erreicht sein, daher sind die SDGs auch als Agenda 2030 bekannt.
Die 17 Ziele lauten:
- Armut beenden
- Ernährung sichern
- Gesundes Leben für alle
- Bildung für alle
- Gleichstellung der Geschlechter
- Wasser und Sanitärversorgung für alle
- Nachhaltige und moderne Energie
- Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit für alle
- Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung
- Ungleichheit verringern
- Nachhaltige Städte und Siedlungen
- Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen
- Sofortmaßnahmen ergreifen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen
- Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen
- Landökosysteme schützen
- Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
- Umsetzungsmittel und globale Partnerschaft stärken
Wir bei der Kaffeekooperative haben uns vor allem den Zielen 5, 8, 12 und 17 verschrieben.
Gleichstellung der Geschlechter
Kaffee ist traditionell ein Männer-Business, zumindest wenn es ums Geld geht. Frauen verrichten in der Regel die harte und körperlich anstrengende Arbeit auf dem Feld wie die Pflege der Kaffeesträucher und die Ernte der Kaffeekirschen. Vom Gewinn sehen sie aber selten etwas. Bei der Produktion von Angelique’s Finest läuft das anders. Der Kaffee wird ausschließlich von Frauen in Ruanda hergestellt, die sich innerhalb der Kooperativen in Gruppen zusammengeschlossen haben. Ihnen gehören sowohl die Kaffeebäume als auch die Marke Angelique’s Finest. Die gesamte Produktion liegt in ihrer Hand. Damit erreichen sie nicht nur wirtschaftliche Unabhängigkeit von ihren Männern, sondern erfahren auch eine ganz neue Form der Anerkennung und Wertschätzung in ihren Gemeinschaften.
Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit
Unsere Partnerkooperativen wachsen stetig, so z. B. Koakaka im Süden Ruandas. Gegründet im Jahr 1999 ist die Kooperative mittlerweile auf 1.316 Mitglieder aus drei Distrikten angewachsen, die zusammen rund 745.000 Kaffeebäume besitzen. Alle Kooperativen sind demokratisch organisiert. Wenn der Kaffee verkauft ist, werden die Produktionskosten abgezogen und die Generalversammlung entscheidet, wie der Rest des Geldes verwendet werden soll. Das Geld wird entweder innerhalb der Kooperative reinvestiert, für Gemeinschaftsprojekte verwendet oder in Form des „Second Payment“ an die Mitglieder ausgeschüttet.
Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen
Der Kaffeeanbau ist eine ressourcenintensive Landwirtschaft. Gleichzeitig ist der Kaffeeanbau massiv durch den Klimawandel bedroht. Unsere Partnerkooperativen bauen ihren Kaffee in Mischkulturen an. Unterschiedliche Pflanzen werden miteinander kultiviert und entwickeln Synergien. Größere Pflanzen wie Silbereichen, Bananen- oder Papayabäume spenden den kleineren Kaffeepflanzen Schatten und sorgen mit ihrem starken Wurzelwerk präventiv gegen Bodenerosionen vor. Die größere Biodiversität sorgt außerdem für einen geringeren Bedarf an Dünger. Der kleinbäuerliche Anbau in Form von Mischanbau ist deutlich nachhaltiger und umweltschonender als die industrielle Massenproduktion in Monokulturen.
Globale Partnerschaft stärken
Wir stehen mit Rwashoscco, der Dachorganisation der Kooperativen, in einer Direkthandelspartnerschaft. Wir kaufen den Kaffee direkt von Rwashoscco an, ohne weitere Zwischenhändler zu involvieren. Da unsere Partner*innen in Ruanda den Kaffee komplett bis zum fertigen Endprodukt verarbeiten, verdienen sie mit Angelique’s Finest 55 Prozent mehr als im üblichen Handelsmodell, das mit dem Abverkauf der rohen Bohne endet. Es bestehen keine einseitigen Abhängigkeiten, sondern eine spezialisierte Arbeitsteilung. Die Kooperativen stellen den Kaffee her und wir vertreiben ihn auf dem deutschen Markt.
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