Kaffee wird mittlerweile (fast) überall auf der Welt konsumiert und ist damit eines der meist gehandelten Produkte weltweit. Als beliebtes Gut auf dem Weltmarkt ist sein Handelspreis ein wichtiger Indikator – für die Händler*innen, aber besonders auch für die Bäuerinnen und Bauern, die davon ihre eigene Existenz sichern müssen. Neben Brasilien und Vietnam, den beiden weltweit führenden Anbauländern, wird ein Großteil des Kaffees auf dem afrikanischen Kontinent angebaut. Die Mehrheit der dort lebenden Bevölkerung arbeitet im Landwirtschaftssektor und leidet unter den seit mehreren Jahren fallenden Kaffeepreisen. Während die großen Gewinne von den Röstereien und Händler*innen eingeheimst werden, können viele Bäuerinnen und Bauern mit ihrem Einkommen nicht einmal ihre Produktionskosten decken und leben oftmals unter der Armutsgrenze.
Kaffeepreise in Afrika
Wenn man die preisliche Entwicklung der beiden bekanntesten Kaffeesorten “Arabica” und “Robusta” vergleicht, sieht man, dass Arabica-Bohnen zu einem höheren, aber stärker fluktuierenden Preis verkauft werden als Robusta-Bohnen. Zudem sind die Preise, die auf dem afrikanischen Kontinent für Kaffee gezahlt werden, geringer als in anderen Regionen. Bäuerinnen und Bauern in Südamerika bekommen ein vergleichsweise höheres Einkommen: In Brasilien beispielsweise betrug der Anstieg des Kaffeepreises für Arabica-Bohnen zwischen 2000 und 2018 etwa 37 Prozent – im Vergleich dazu waren es in Äthiopien nur 25 Prozent. Um die Zahlen noch etwas greifbarer zu machen: 2018 lag der Exportpreis für 1 Pfund Arabica in Afrika bei 0,70 US-Dollar, in Südamerika bei etwa 1 Dollar.
Die starke Fluktuation des Kaffeepreises sorgt nicht nur für Unsicherheit bei den Bäuerinnen und Bauern, sondern schmälert auch ihre Umsätze immer weiter, was sie besonders hart trifft, da sowieso schon nur ein geringer Anteil der Wertschöpfung im Kaffeeanbau bei ihnen ankommt.
Doch die geringen Umsätze allein sind nicht das Problem: Um die Wirtschaftlichkeit des Kaffeeanbaus zu bestimmen, bedarf es auch der Berechnung der Produktionskosten. Da der Kaffeesektor ein sehr arbeitsintensiver Sektor ist, ist oftmals die gesamte Familie an der Produktion beteiligt und das macht es relativ schwer, die Produktionskosten für eine Packung Kaffee zu berechnen. Man kann aber sagen, dass der größte Anteil (70%) der Produktionskosten in ihrer Arbeit liegt und der Anteil der Bäuer*innen in der Wertschöpfungskette in Afrika nur ca. 8-13 Prozent beträgt.
Unfaire Wertschöpfungskette
Die komplexe Wertschöpfungskette umfasst dabei neben den Bäuerinnen und Bauern lokale Zwischenhändler*innen, internationale Händler*innen, Exporteure, Versicherungen, Transportunternehmen, Röstereien, Einzelhändler*innen und Steuerinstitutionen. Während die Anteile der Zwischenhändler*innen und Einzelhändler*innen steigen, sinken die Anteile der Bäuerinnen und Bauern. Trotz des hohen Arbeitseinsatzes werden diese nur in geringem Maße am Endverbraucher*innen-Preis beteiligt: das Maximum liegt in Angola bei 18 Prozent und das Minimum in Uganda und Äthiopien mit 10-12 Prozent. Mit dem Verkauf von Bohnen, die Fairtrade-zertifiziert sind, können zumindest die Produktionskosten des Kaffeeanbaus gedeckt und die grundlegenden Lebensbedingungen sichergestellt werden.
Aufgrund unfairer Handelsregulatoren werden die Bäuerinnen und Bauern also immer weiter ausgebeutet. Um faire Handelsstrukturen zu schaffen, sollte der Minimum-Preis für Arabica-Kaffee 1,60 US-Dollar pro Pfund betragen, so der Vorschlag von Selina Wamucii. Mit höheren und fairen Preisen könnten die Bäuerinnen und Bauern ihre Kosten decken und ihre Produktivität über Investitionen steigern. Dadurch könnten nicht nur Verluste aufgrund der zu geringen Bezahlung – geschätzte Werte in Äthiopien sind z.B. 713 Mio. US-Dollar und in Uganda 229 Mio. US-Dollar – verringert werden, sondern auch die Bäuerinnen und Bauern direkt unterstützt werden.
Kaffeeanbau – ein Minusgeschäft?
Zusammenfassend kann man also sagen, dass der Anteil der afrikanischen Bäuerinnen und Bauern an der Wertschöpfungskette viel zu gering ist und sie weiterhin mit den niedrigen Preisen im Kaffeesektor kämpfen müssen. Das Kaffeegeschäft ist für etliche Bäuerinnen und Bauern nicht gewinnbringend, denn sie müssen unfaire Preise akzeptieren und haben keine Möglichkeit, diese zu beeinflussen. Als das weltweit zweit meist gehandelte Produkt ist Kaffee ein zentrales Handelsgut, aber eigentlich nicht weiter haltbar für die Bäuerinnen und Bauern – ihre Existenzen sind bedroht!
Lösungsvorschlag: Ownership und Fair Chain
Eine denkbare Lösung wäre die Verbesserung der internationalen Handelsregeln. Dafür müsste sich die Welthandelsorganisation politisch für die Kaffeebäuerinnen und -bauern einsetzen, um deren Ausbeutung stoppen. Aber auch “kleinere” Akteure wie wir, die eigeninitiativ ein anderes Handelsmodell nutzen, können dabei mitwirken. Uns ist es wichtig den Kaffee zu stabilen Preisen zu verkaufen. Daher verfolgen wir das Fair-Chain-Modell. Statt Rohkaffee nach Europa zu exportieren (wie es bei 95 Prozent des weltweit gehandelten Kaffees gemacht wird), wird der Kaffee komplett in Eigenverantwortung der ruandischen Produzent*innen verarbeitet. Mit dem Fair-Chain-Ansatz positionieren wir uns also ganz klar gegen das klassische Handelsmodell, denn (nur) so können die Bäuerinnen und Bauern ein höheres Einkommen erzielen und ihre Lebensgrundlage sichern. Die Produzent*innen erhalten einen fairen Teil des Endpreises, der es ihnen ermöglicht, in eine sichere Zukunft zu investieren – eine Zukunft mit hoffentlich stabilen Preisen und fairen Einkommen für die Menschen, die den größten Beitrag in der Kaffeeproduktion leisten.
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