Unser Ruanda-Team Lilith und Allan besuchte kürzlich die Schule Groupe de Scolaire in Murambi. Der Besuch war zustande gekommen, weil unser Kunde Upstalsboom den Bau der Schule unterstützt hatte. Ein so schönes Ruanda-Engagement wollten wir uns natürlich einmal anschauen und so empfing uns Schulleiterin Claudine mit einem großartigen Programm. Dabei lernten wir einiges über das ruandische Schulsystem und mussten den neugierigen Fragen der Kleinen selbst Rede und Antwort stehen, was uns natürlich eine Freude war.
Mit lautem Klatschen empfangen uns die 2100 Schüler*innen der Groupe Scolaire Murambi. Sie haben sich auf dem Pausenhof versammelt und begrüßen Allan und mich singend und tanzend. Erstaunlich einheitlich und diszipliniert wirkt die große Menschengruppe – auf die Sekunde genau führen sie Bewegungen aus. Nur die Allerkleinsten aus der Vorschule tanzen manchmal noch etwas aus der Reihe.
Schulleiterin Claudine hat ein inniges Verhältnis zu ihren Schülerinnen und Schülern. Stolz führt sie uns durch jeden einzelnen Klassenraum.
„Good morning headmistress, good morning our visitors.“ Sagen die Kinder dann im Chor. Ich beobachte Allan, in jedem Raum freut er sich auf die gleiche Weise und fragt mit breitem Grinsen: „How are you?“- „We are fine!“ murmeln die Kinder dann ganz aufgeregt, ihre Englischkenntnisse unter Beweis zu stellen.
Das ruandische Schulsystem
In der Groupe Scolaire Murambi sind verschiedene Zweige des ruandischen Schulsystems untergebracht: Eine Vorschule für die Kinder unter 7 Jahren, eine Grundschule (P1 bis P6) und die ersten drei von insgesamt sechs Jahren der „Secondary School”. Gerade in den ersten drei Jahren der Grundschule werden die Klassen in zwei Schichten entweder morgens bis mittags oder nachmittags unterrichtet. Später bleiben die Schüler ganztägig in der Schule oder kommen nur zum Mittagessen nach Hause.
Die ersten drei Jahre des Secondary Levels werden auch als Ordinary Level bezeichnet. Sie entspricht in etwa unserer Mittelstufe. Am Ende dieser Phase steht eine Prüfung, welche den Zugang zum zweiten Teil der höheren Bildung – dem A-Level – erlaubt. Vergleichbar mit den Leistungskursen unserer Oberstufe spezialisieren sich die Schüler in dieser Phase auf bestimmte Fächerkombinationen. Eine weitere allgemeine Prüfung berechtigt die jungen Erwachsenen dann zum Zugang zu Hochschulen.
Schulkosten in Ruanda
Schulkosten fallen in Ruanda erst ab dem Secondary-Level an. Die Grundschulausbildung ist kostenlos. Jedoch müssen Eltern für Uniformen, Schulmaterialien und, falls in der jeweiligen Schule angeboten, auch Mittagessen bezahlen. Ab dem Ordinary Level fallen pro Trimester bis zu 100 Euro an – also circa 300 Euro im Jahr. Eine Summe, die für einige Eltern schwer zu stemmen ist. Besserverdienende Eltern hingegen bemühen sich ihren Nachwuchs auf private Schulen zu schicken, die eine hochwertigere Ausbildung versprechen. Dementsprechend höher sind auch die Schulgebühren dort.
Auch die Kosten für staatliche Universitäten, die allerdings als bessere Alternative zu den privaten Hochschulen gelten, sind verhältnismäßig hoch. Bis zu 1200 Euro jährlich zahlt man. Je nach sozialem Status werden jedoch Stipendien der Regierung vergeben, die Anteile der Kosten übernehmen. Auch werden Frauen in besonderer Weise gefördert, da der Numerus Clausus für sie niedriger als für die männliche Konkurrenz angesetzt wird.
Die Lehrerausbildung in Ruanda
Die Groupe de Scolaire Murambi legt Wert auf enge Zusammenarbeit mit den Eltern. Lehrer*innen und Eltern laden uns nach dem Besuch der Schule zu einem Gespräch ein. Sie sind neugierig zu erfahren, wie das Bildungssystem in Deutschland aussieht. Fragen, was uns an ihrer Schule gut und nicht so gut gefallen hat. Und sie berichtet mir auch, wie Lehrer*innen in Ruanda ausgebildet werden: Als Grundschullehrer*in wird man in einer zentralen staatlichen Akademie ausgebildet. Um an der Secondary School unterrichten zu können, sollte man allerdings ein Hochschulstudium abgeschlossen haben. Neben Pädagogik wählt man die Ausbildung in dem Fach aus, in dem man auch unterrichten will.
Deutsches Engagement an ruandischen Schulen
Schulleiterin Claudine berichtet auch von der Unterstützung aus Deutschland. So wurde der Bau neuer Klassenräume, einer Wasserzisterne und Toiletten finanziell unterstützt. Unser Kunde Upstalsboom sammelte Gelder für den Bau, gemeinsam mit der Hilfsorganisation Fly and Help.
„Wir sind sehr dankbar“, sagt Claudine. „Der Bau der Räume und der Toiletten hat hier wirklich vieles verändert. Aber es gibt natürlich immer noch viel zu tun. Die Toiletten sind beispielsweise noch immer nicht ausreichend. Ich wünsche mir auch, dass meine Schüler eine Kantine für das Mittagessen bekommen und eine kleine Bibliothek, wo sie lesen und Bücher ausleihen können. Für beides ist bisher leider nur in den Klassenräumen Platz. Außerdem wäre es toll, wenn wir unsere Laborausstattung verbessern können, damit die Schüler Chemie und Physik und Biologie nicht nur theoretisch lernen und wir so mehr ruandische Naturwissenschaftler ausbilden können.“
Vor allem ist Claudine aber stolz, was sie und ihre Schüler*innen alles erreichen: “Wir haben zwölf AGs. Unter anderem eine, die sich mit dem Friedensprozess der Ruander untereinander beschäftigt. Toll finde ich auch den Student Club Urugero. Dort lernen die Schüler traditionelle Tänze und Rhythmen – entweder als Tänzerin oder Tänzer, als Sänger*in oder an der Trommel.”
Und was sie da gelernt haben, beweisen sie uns natürlich dann auch.
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